Renate Tonecker-Bös, Fraktionsvorsitzende in der Stadtverordnetenversammlung:
„Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kollegen und Kolleginnen,
liebe Presse, liebe Gäste
Zunächst möchte ich mich bei der Verwaltung und allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadt Erlensee bedanken. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen und hoher Arbeitsbelastung haben Sie alle einen guten Job gemacht. Dafür gebührt Ihnen allen unser Dank. Auch allen ehrenamtlich tätigen Menschen hier in Erlensee gebührt unser Dank: Sie sorgen dafür, dass wir ein wenig mehr Spaß haben, sie kümmern sich um Menschen, die Hilfe benötigen und sie sind überall dort, wo sie gebraucht werden. Dafür meinen herzliches Dankeschön.
Was ich allerdings sehr bedauere, ist die mangelnde Zusammenarbeit der Fraktionen hier im Hause. Gerade mit Blick auf die Kommunalwahlen im kommenden Jahr wäre es dringend geboten, stärker gemeinsam, konstruktiv und lösungsorientiert zu arbeiten – im Interesse unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Mit großem Unverständnis – und auch Ärger blicken wir insbesondere auf die Entscheidungen von SPD und CDU in zentralen Punkten dieses Haushalts. Ich werde mich in meiner Rede auf 3 Themen beziehen: die Kulturnächte, die Ravolzhäuser Straße und die Grundsteuer C.
Ich beginne mit den Kulturnächten. Die Entscheidung von SPD und CDU, diese Vorhaben unverändert fortzuführen, sorgt bei vielen Menschen für erheblichen Unmut. Im Jahr 2025 fanden zwei Veranstaltungen in der Wasserburg sowie eine weitere im Fußballzentrum statt. Allein diese drei Veranstaltungen führen zu einem Defizit von rund 82.000 € – und hier sind die internen Kosten noch nicht einmal mitgerechnet. Das Defizit im Vorjahr belief sich sogar auf 160.000 €, alles inklusive.
Trotz zweier Jahre mit erheblichen Verlusten sollen die Kulturnächte nun dennoch fortgesetzt werden. Im Sommer dieses Jahres wurde mit Mehrheit im Parlament beschlossen, künftig keine Großveranstaltungen mehr im Fußballzentrum durchzuführen. Und was wird uns nun präsentiert? Keine Veranstaltungen mehr im Sportzentrum – stattdessen im Limespark. Erneute setzt man auf die Hoffnung, 1.400 Eintrittskarten zu einem Preis von jeweils 63 € verkaufen zu können. Insgesamt sollen 7 Veranstaltungen durchgeführt werden, 40 000 € stehen dafür im Haushalt, alles andere wird über den Kartenverkauf und Sponsoren finanziert. Woher Bürgermeister Stefan Erb und die Erste Stadträtin diesen Optimismus nehmen bleibt schleierhaft.
Nur am Rande:
Zu dem Konzert mit der Gruppe „Dire Straits Legacy“ wurden nur 451 Karten verkauft.
Bürgermeister Stefan Erb, der sonst jeden Cent rumdreht und uns immer wieder darauf hinweist, dass das der Haushalt nicht mehr hergibt, hat hier keine Skrupel in ein beträchtliches Defizit hineinzulaufen. Und die SPD und die CDU machen mit, nein sie sind sogar geradezu begeistert von ihrer Idee, Erlensee zur Kulturhauptstadt Hessens zu machen. Damit werden sowohl die Mitglieder dieses Parlaments als auch die Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt an der Nase herumgeführt.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – und sich fragt, inwieweit wohl der Kultursommer ein kleines politisches Entgegenkommen des Bürgermeisters im eigenen Wahlkampf darstellen könnte.
Einen Antrag von B90/Die Grünen im vergangenen Jahr, die Wasserburg für kulturelle Veranstaltungen zu ertüchtigen, wurde von CDU und SPD ohne Begründung abgelehnt. Wahrscheinlich ist der Absender eines Antrags wichtiger als der Inhalt. Von der CDU kennen wir das schon, aber von der SPD?
Eins ist klar: Kultur ist wichtig – daran besteht kein Zweifel, und sie verdient auch einen festen Platz im Haushalt. Doch zur politischen Verantwortung gehört auch Haushaltsdisziplin. Die vermisse ich hier!!
Ein zweites großes Fragezeichen steht für uns hinter der Entscheidung, die grundhafte Sanierung der Ravolzhäuser Straße zu verschieben. Noch im April 2024 sagt Bürgermeister Stefan Erb im Hanauer Anzeiger: Wir müssen tätig werden im Sinne einer grundhaften Erneuerung und betont eindringlich wie notwendig das ist. Im November 2025 wird diese Maßnahme vom Magistrat in den Haushalt eingebracht und mit 2,4 Mio. im Finanzhaushalt veranschlagt. Zwei Wochen später fließen auch noch – nach langem Warten – die vom Land zugesagten 800 000 € Fördermittel. Und was geschieht dann?
Statt die Sanierung umzusetzen, wird sie plötzlich wegen Geldmangels zurückgestellt – auf Wunsch von SPD und CDU. Konsequenz: die Fördermittel werden zurückgegeben. Punkt.
Wer soll das noch nachvollziehen? Wer soll da noch glauben, dass Entscheidungen sachlich und verlässlich getroffen werden?
Hat man hier einem ortsansässigen Gewerbetreibenden einen wirtschaftlichen Gefallen tun wollen?
Die Grünen standen dieser Sanierungsmaßnahme mehrheitlich kritisch gegenüber. Zugestimmt haben wir letztlich, weil wir den Aussagen des Bürgermeisters und den Experten vertraut haben.
Einige Bürger und Bürgerinnen sind sicher froh, dass die Straße nicht saniert wird, auch wir Grünen werden diesem Antrag die Sanierung zurückzustellen, zustimmen. Und dennoch bleibt ein fahler Beigeschmack.
Einführung der Grundsteuer C
Zur Einordnung: Als Ergänzung zur Grundsteuer A und B hat der hessische Landesgesetzgeber beschlossen, den Kommunen die Einführung einer sogenannten Grundsteuer C zu er möglichen. Ziel soll es sein, unbebaute innerstädtische Grundstücke zu vermarkten, um damit der Wohnungsnot entgegenzuwirken und dem Ausfransen der Ortsränder Einhalt zu gebieten.
Die Gemeinden Riedstadt, Langöns, Karben z.B. haben die Einführung der Grundsteuer C bereits beschlossen. Die Stadt Karben hat bereits eine entsprechende Satzung veröffentlicht. Selbst der HSGB hat sich dafür ausgesprochen.
Umso unverständlicher ist es, dass SPD und CDU hier in Erlensee nicht einmal bereit sind, einem Prüfantrag zuzustimmen. Wir behaupten ausdrücklich nicht, dass die Grundsteuer C automatisch der richtige Weg ist. Vielmehr wollten wir geprüft haben (deswegen Prüfantrag!), ob die Grundsteuer C ein geeignetes Lenkungsinstrument für unsere Komme darstellt.
Nun zu den Anträgen der anderen Fraktionen:
- SPD: Wir stimmen dem Antrag zum Bürgerbudget als Ziel ab 2027 zu. Wir lehnen den Mähroboter, die Gemeinwesenarbeit und den Sommerschmaus im Limesgarten ab. Zum Teil sind die Anträge nicht haushaltsrelevant.
- CDU: Ablehnung von zusätzlichen Ordnungspolizei-Stellen und freiwilligem Polizeidienst – bei aktueller Sicherheitslage unnötig. Zustimmung für Bodycams, verlängerte Öffnungszeiten des Servicebüros und die Möglichkeit, Bauschutt wieder hier in Erlensee abzugeben.
- wir lehnen den Antrag der CDU ab, ein Konzept für die künftige Ausgestaltung der Kitagebühren zu erstellen. Dieses Konzept soll darstellen, wie sich der Eigenanteil mittelfristig von zurzeit 17% auf einen vertretbaren Prozentsatz entwickeln kann. Was stellt sich die CDU unter einem vertretbaren Prozentsatz vor? Erlensee ist im Bereich Kita-Plätze sehr gut aufgestellt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, besonders für Frauen, wird hier gewährleistet. Dies soll auch so bleiben. Finanzielle Mehrbelastungen für die jungen Familien wären hier kontraproduktiv. Ganz im Gegenteil: wir sollten vielmehr Anstrengungen unternehmen, dass mehr Kinder in die Kitas gehen als durch schlechte Finanzmanöver den Anteil der Kinder weiter zu verringern.
Leider hat die SPD diesem Antrag mehrheitlich im HFA zugestimmt.
Selbstverständlich begrüßen wir es, wenn alle Kosten der Stadt Erlensee auf den Prüfstand kommen, auch die Kosten für die Betreuung der Erlenseer Kinder. Nur nicht mit dem Ziel, die Kosten auf die Erlenseer Eltern abzuwälzen.
- Ravolzhäuser Straße: Zustimmung zum Nicht-Bau, von mir ja zuvor bereits erläutert.
- Freibad-Prüfantrag: Ablehnung, weil unrealistisch.
- Anträge von Herrn Schneider: Zustimmung zu 15.000 Euro für den Hallenbad-Betrieb. Wir Grünen würden eine tragfähige Wiedereröffnung z.B. durch den Förderverein Hallenbad begrüßen. Ablehnung von Besetzungssperre, Austritt aus Demokratie gemeinsam leben e.V., Ende Klimataler und die vorgeschlagenen Einsparungen bei Rathaussanierung.
Unsere Anträge:
Wir haben 2.000 € für die Bezuschussung von Obstbäumen gefordert, 9.000 € für Zuschüsse zu Regentonnen, zwei kleine ökologische Projekt im Haushalt, der Prüfantrag Grundsteuer C, die Reduzierung der Kosten für die Kulturnächte (ich verweise hier auf Haushaltklarheit und Wahrheit). Schlussendlich wollen wir gemeinsam mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen Treffpunkte konzipieren, die ihnen die Möglichkeit bieten, sich ungestört zu treffen.
Diese Anträge wurden jedoch im HFA nicht einmal diskutiert, geschweige denn dass sie eine Zustimmung gefunden hätten.
Zusammenfassend:
wir werden dem Haushalt 2026 nicht zustimmen. Es werden hier die falschen Prioritäten gesetzt und eine Entlastung für Bürger und Bürgerinnen ist weder in diesem Haushalt zu erkennen noch gibt es ein Konsolidierungskonzept für die kommenden Jahre.
Abschließend:
Demokratie lebt von von Respekt, von Debatte und von inhaltlicher Auseinandersetzung. Genau das haben wir spätestens in den Haushaltsberatungen dieses Jahres schmerzlich vermisst. Ohne dies ist eine faire, lebendige Kultur im Parlament nicht möglich. In der kommenden Wahlperiode werden wir wahrscheinlich große Veränderungen erfahren. Statt bisher drei Fraktionen werden es vielleicht sechs Fraktionen sein. Bis dahin hätten wir ja schon ein wenig üben können, wie es in der vielbeschworenen demokratischen Mitte zugehen könnte.
Vielen Dank.“


Verwandte Artikel
Trotz leerer Kassen – grüne, bezahlbare Akzente im Haushalt – teure Veranstaltungen werden gestrichen
Am vergangenen Wochenende traf sich die Fraktion von B90/Die Grünen mit Gästen zur Beratung des Haushalts 2026 für die Stadt Erlensee. Obwohl schon im Vorfeld klar war, dass sich die…
Weiterlesen »
Bündnis 90/Die Grünen Erlensee stellen ihre Kandidaten- und Kandidatinnenliste für die Kommunalwahl 2026 auf
Bündnis 90/Die Grünen haben ihre Liste für die Kommunalwahl 2026 erfolgreich aufgestellt. Insgesamt 17 Grüne Mitglieder sind bereit, Verantwortung für Erlensee zu übernehmen und die politische Zukunft mitzugestalten. An der…
Weiterlesen »
Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl 2026 willkommen!
Hast Du Lust, Politik hier in Erlensee im Stadtparlament aktiv mitzugestalten? Fühlst du Dich den GRÜNEN Werten verbunden und möchtest Dich für eine Politik einsetzen, in der dem Klimawandel ebenso…
Weiterlesen »